Reinhard Böß

Reinhard Böß

Das Leben von Reinhard Böß  war seit 1954 durch seine Leidenschaft für die Kontrapunktik von J. S. Bach geprägt, schwerpunktmäßig in den Rätselkanons, auf der Suche nach unkonventionellen Lösungen, untermauert durch Hinweise Bachs durch Struktur-Wort-Verschlüsselung und Zahlensymbolik auf der Grundlage des 24er Alphabeths, die in seinen Lösungen in ein zyklisches Großkonzept mit Hilfe der „Ars Combinatoria“ münden. Beiden gemeinsam ist die Verbundenheit zur Mathematik, Religion und Musik zum Lobe Gottes nach dem Motto: „Quaerendo invenietis“ – „Suchet, so werdet ihr finden“ als Schlüssel zur Musik.

Ebenso wie die genaue, von großer Neugier genährte Betrachtung des Autographs für ihn stets Grundlage seiner musikwissenschaftlichen Forschung war, so war auch die Visualisierung von Musik durch Graphiken als Ergänzung zur traditionellen Notation, für ihn als überzeugter Pädagoge ein wichtiger Grundstein zur Erklärung von Musik und ihrem daraus resultierenden Verständnis.


Musik hören und sehen – Möglichkeiten graphischer Hörhilfe als bewußtmachende Ergänzung zur traditionellen Notation von Musik



Dissertation, Duisburg, 1983, ist in 20 Jahren musikpädagogischer Praxis entstanden und umfasst Graphiken zu 48Kompositionen von Clemens non Papa bis Anton Webern und Pop-Musik der 60er Jahre, welche die konstituierenden Merkmale von Musik parameterorientiert visualisieren und mit über 100 Abbildungen die Werkstattgeheimnisse des Komponisten durch mehrere Eingangskanäle vermitteln. Dabei arbeitete Reinhard Böß mit dem „Modulex“, vergleichbar mit „LEGO“, Folienpartituren, motivischen Gliederungen teils mit Zeitachse, Flächenmodellen sowie Systemdarstellungen u.a. durch das von ihm eigens dafür entwickelten „Vielfarb-Quint-Terz-System“, um die Hör- und Analysefähigkeit der Schüler zu verbessern, mit dem Ziel eines ganzheitlichen Kunstverständnisses.

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Die Kunst des Rätselkanons im Musikalischen Opfer

Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven, 1991, bestehend aus einem Text- und einem Notenband, entwickelt 72 Lösungen der Kanons – flexibel für 2-4 Spieler möglich – in Form eines kontrapunktischen Klangkaleidoskops, zum ersten Mal völlig aufgeschlüsselt, mit allen Spiegelungstechniken, deren Richtigkeit durch B-A-C-H –Zitate in harmonisch schillernden Lösungen bewiesen wird. Damit lösen sich erstmals diese Rätselkanons aus dem „Hieroglyphendasein“ heraus und entwickeln sich zu einem übergreifenden Großkonzept mit zyklischer Anlage. 

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Verschiedene Canones … von 
J. S. Bach BWV 1087


edition text + kritik, München, 1996, ist ein Spiegelkabinett Bachscher Rätselkanons mit 268 Auflösungen als Hinzufügung zu den 30 Goldbergvariationen. Erst 1974 wurde das zu Grunde liegende autographe Notenblatt mit 14 Rätselaufgaben von Oliver Alain aufgefunden, lediglich auf einer Seite beschrieben, das als Grundlage für dieses Buch dient. Diese gelehrten Rätselkanons bestehen im Autograph meist nur aus 4 Takten, wobei sich die gestaltete Gliederung mit zahlensymbolischem Hintergrund im Sinne der „Ars Canonica“ mit allen nur denkbaren Techniken der Kontrapunktik und sinnreicher Kombinationslösungen zu einem musikalischen Kaleidoskop entwickelt.

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Die ungleich schwebende Originalstimmung von 
J. S. Bach – Das Wohl 
tem perirte Clavier

Peter Lang Verlag, Frankfurt, 2009, ist ein Lehrwerk der Temperatur, wobei Reinhard Böß die Rätselnotation der oberen Schnörkel auf die Verengung der reinen Quinte bezieht, bei einer Stimmtonhöhe von 435 Hz, die sich durch die unteren Schnörkel und den Titeltext herleiten lassen. 
Die neue Satzfolge ergibt sich aus den Knospen des Briefsiegels Bachs. Der vollkommene harmonische Klang in allen 24 Tonarten der Praeludien und Fugen, Zahlenkombinatorik und die durch Tonartenverwandtschaft sowie Chiasmus bewiesene neue Reihenfolge überzeugen den für unkonventionelle Lösungen offenen Hörer von diesem genialen Gesamtkonzept. Die beigefügten Stimmungstabellen sollen Musiker anregen, diese Böß/Bach Stimmung auf dem Cembalo oder der Orgel zu probieren.

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Fachzeitschrift Musiktheorie -

Diskussion

In „Musiktheorie“, Laaber-Verlag, Jahrgang1991, Heft 1, diskutiert Reinhard Böß die interessante Beleuchtung der „Evolutiones“ eines Bach-Canons in Musiktheorie 5 (1990), S. 85-93 von Günter Hartmann mit „192 Quodlibet-Evolutiones“ zum „10. Canon“ aus BWV 1087. Dabei bezieht sich Hartmann in seinen Ausführungen u. a. auf Christoph Wolf und Werner Wolffheim, wagt aber erfreulicherweise durchaus eigenständige Schritte in neuere Richtungen.

Ebenso wie Böß versteht er die Nr. 10 als besonders verschlüsselten Canon polymorphus, wobei Böß „Alte Schlüssel“ bei realer Spiegelung, Einbeziehung aller vier Modi des Themas und des Kontrapunktes mittels der „ARS COMBINATORIA“ zu einer großen Fülle von „Evolutiones“entwickelt, wie Böß in herausragend strukturierten Tabellen mit 13 Spalten systematisch nachweist.

Detailliertere Ausführungen zu diesem Thema sind im Textteil und Notenteil in „Verschiedene Canones … von J. S. Bach - BWV 1087“, Reinhard Böß, edition text + kritik, 1996 veröffentlicht. 


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